Freiwilligenprogramm oder Aufhebungsvertrag? 5 Fragen an Barbara Täte.
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Januar, 2022, 3 Min
Barbara Täte arbeitet als Senior Consultant seit über zwei Jahren für die EL-NET GROUP. Sie war mehrere Jahre in HR-Fach- und Führungspositionen in der Finanzbranche tätig und hat diverse Transformationen begleitet. Zu ihren Kernkompetenzen zählen daher die professionelle Begleitung von Menschen in beruflichen Veränderungsprozessen, das Erarbeiten neuer Perspektiven, die Stärkung der Selbstwirksamkeit sowie das Aktivieren eigener Ressourcen.
Da Barbara nicht nur in der Einzelberatung, sondern auch in Unternehmen Veränderungsprozesse begleitet, verfügt sie über Erfahrungen zu verschiedenen Personalumbau-Instrumenten. Ein Angebot im Unternehmen kann beispielsweise ein Freiwilligenprogramm sein. Darüber haben wir mit Barbara in diesem Beitrag gesprochen.
5 Fragen an Barbara Täte
Der nachstehende Text basiert auf einem digital geführten Interview.
Barbara, du hast durch deinen Personalhintergrund bereits mit zahlreichen Unternehmen zusammengearbeitet, die sich in einem Umstrukturierungsprozess befanden und daher gezwungen waren, Personal abzubauen. Eine Möglichkeit, um diesen für alle Seiten nicht leichten Prozess wertschätzend zu gestalten und den Mitarbeitenden eine aktive Rolle zu geben, ist das Angebot eines Freiwilligenprogramms. Was ist ein Freiwilligenprogramm bzw. was passiert hier genau?
Wie der Name vermuten lässt, geht es bei einem solchen Programm darum, Mitarbeitenden die Initiative und Entscheidungsoption für berufliche Veränderungen einzuräumen. Denn wie im wahren Leben, ist es auch oder insbesondere im beruflichen Umfeld wichtig, dass wir das Heft des Handelns in der Hand behalten. Wenn Unternehmen gezwungen sind, Geschäftsbereiche, Betriebsteile oder Sparten neu zu organisieren, aufzustellen und damit einhergehend Personal zu reduzieren, dann ist ein Personalumbau in Form eines Freiwilligenprogramms, immer wertschätzender und in der Regel auch erfolgreicher.
Gibt es dabei unterschiedliche Arten von Freiwilligenprogrammen?
Ja, es gibt dabei verschiedene Ansätze. Zum einen kann ein Freiwilligenprogramm so angelegt sein, dass es Mitarbeitenden ermöglicht, sich mit einem Aufhebungsvertrag zu feststehenden, klar kommunizierten Konditionen im guten, beiderseitigen Einvernehmen vom Unternehmen zu trennen. Dieses Angebot nutzen Unternehmen, die konkrete Personalabbauziele zeitnah realisieren müssen.
Es gibt auch andere Freiwilligenprogramme: Unternehmen, die sich in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess befinden, können ihren Mitarbeitenden ein Freiwilligenprogramm anbieten, in dem sie ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, in einem zeitlich begrenzten Beratungsprozess mit einem Coach selbstbestimmt über mögliche Veränderungsoptionen zu reflektieren.
Was ist im Ablauf des Freiwilligenprogramms deine Aufgabe?
In zuletzt genannten Freiwilligen-Beratungsprogramm gehört es zu meiner Aufgabe als Coach und Beraterin, nach einer Zielklärung zunächst eine Standortbestimmung zu erarbeiten – im Sinne von „Wer bin ich?“ und „Was kann ich?“
Der darauf folgende Schritt „Was will ich?“ führt in der Regel zur nicht immer leichten, jedoch wichtigen Entscheidung „Bleiben oder Gehen“. Hierfür erarbeiten wir gemeinsam einen Reality Check. Das heißt, wir prüfen, wie das aktuelle Profil am Arbeitsmarkt nachgefragt ist. Nicht selten ergeben sich in diesem mehrdimensionalen Prozess neue Ideen, Verzweigungen oder Möglichkeiten zum Beispiel für eine Weiterbildung in die eine oder andere Richtung.
Kommen wir nochmal auf das Freiwilligenprogramm mit den Aufhebungsvertrag zurück. Was passiert bei einem Aufhebungsvertrag?
Bei einem Aufhebungsvertrag habe ich als Mitarbeiter/in die Möglichkeit, das Unternehmen mit einer sogenannten Entschädigungszahlung zu verlassen. In der Regel ist die Höhe der Entschädigungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes und zum Ausgleich zukünftiger finanzieller Nachteile in einer Betriebsvereinbarung oder Sozialplan geregelt. Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist außerdem die Kündigungsfrist des Arbeitgebers (geregelt im BGB § 622) zu beachten. Die Einhaltung dieser Kündigungsfrist hat insbesondere Relevanz, wenn es zum Austrittstermin keine Anschlussbeschäftigung gibt und ich mich zunächst bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melde. Viele Unternehmen bieten mittlerweile im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Outplacementberatung an. Wer diese Option hat, sollte diese unbedingt nutzen. Es ist hilfreich, einen Sparringspartner in diesem nicht immer geradlinig verlaufenden Prozess der beruflichen Neuorientierung an seiner Seite zu haben.
Freiwilligen Beratungsprogramm oder Aufhebungsvertrag – wann empfiehlst du deinen KlientInnen welche Alternative?
Diese Frage kann nur auf individueller Ebene geklärt werden. Wenn ich ein eher sicherheitsorientierter Mensch bin und mir noch nicht ganz im Klaren bin, wohin die berufliche Entwicklung gehen kann und soll, dann wäre das Freiwilligen-Beratungsprogramm meine Empfehlung. Für Mitarbeitende, die aufgrund ihrer Erfahrungen keine Entwicklungsmöglichkeit oder sinnstiftende, adäquate Beschäftigung im aktuellen Unternehmen sehen, sollten ihrer Intuition vertrauen und sich selbst zutrauen, mit Geduld und Flexibilität sowie mit Hilfe eines Sparringspartners, eine neue Chance am Arbeitsmarkt zu finden.
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